Mission Grundwasserschutz
Joaquin Jiménez-Martínez erforscht experimentell und mithilfe von Computermodellen die Bewegungen des Wassers und seine Wechselwirkungen mit der Umwelt im Untergrund. Bei seinen Forschungen zum Verständnis und zum Schutz unserer unterirdischen Wasserspeicher stützt er sich auf sein umfassendes Fachwissen, das von Porenprozessen bis hin zur Oberflächenhydrologie reicht. Anlässlich seiner Ernennung zum Titularprofessor haben wir ihn zu seinen aktuellen Schwerpunkten in Forschung und Lehre befragt.
Professor Jiménez-Martínez, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Beförderung zum Titularprofessor an der ETH. Wo liegen derzeit Ihre Forschungsinteressen?
Vielen Dank! Es ist eine grosse Ehre, zum Professor an einer der renommiertesten Universitäten der Welt berufen zu werden. Meine Forschungsschwerpunkte liegen bei der Grundwasserhydrologie, bei der es vor allem darum geht, die Bewegung des Wassers und seine Wechselwirkung mit dem Untergrund besser zu verstehen. Ich untersuche Massenbewegungen, chemische Reaktionen und mikrobielles Verhalten in porösen und geklüfteten porösen Medien.
Meine Forschungsgruppe «Umweltprozesse im Untergrund» (Eawag – ETH Zürich) untersucht diese Phänomene mit Versuchen vom Mikrometer- bis zum Grossflächenbereich. Diese Experimente kombinieren wir mit Rechenmodellen, um die Steuerungsmechanismen kleinskaliger Prozesse zu beleuchten. Dieses Wissen ist wichtig, um unsere Grundwasserressourcen vor Verunreinigungen durch den Menschen zu schützen.
Wie wirkt sich Ihre Forschung auf die Gesellschaft aus?
Grundwasser- oder natürliche Wasserspeicher, wie sie häufig auch genannt werden, sind eine lebenswichtige Ressource. In der Schweiz zum Beispiel werden 80 Prozent des Trinkwasserbedarfs daraus gedeckt. Darüber hinaus ist Grundwasser aber auch für die Nahrungsmittelproduktion und als Energiespeicher wichtig.
Ziel unserer Forschung ist es, diese wichtige Ressource zu schützen bei gleichzeitig nachhaltiger Nutzung. So entwickeln wir Instrumente für ein ressourcenschonendes Wassermanagement in der Landwirtschaft und helfen damit politischen Entscheidungsträgern und Landwirten durch Anpassungen ihrer Methoden die Grundwasserversorgung zu sichern.
Ferner untersuchen wir die Umweltauswirkungen innovativer Technologien wie der oberflächennahen Geothermie im Zuge der Umstellung auf erneuerbare Energien und der Speicherung von Kohlendioxid, das im Kampf gegen den Klimawandel tief in den Untergrund eingeleitet und dort deponiert werden soll. Je besser wir die unterirdischen Systeme verstehen, desto besser können wir sicherstellen, dass diese Lösungen effektiv, sicher und umweltverträglich sind.
Wo waren Sie tätig, bevor Sie zur ETH kamen?
Seit 2016 bin ich Gruppenleiter an der Eawag und Lehrbeauftragter am D-BAUG. Davor war ich Postdoktorand am Los Alamos National Laboratory in den USA – jenem berühmten Ort, der seit dem hochgelobten Film «Oppenheimer» in aller Munde ist. Dort habe ich mich intensiv mit der geologischen CO2-Speicherung befasst, einem in der Schweiz brennenden Thema im Bemühen, Emissionen und atmosphärische Konzentrationen zu senken. Nach meinem Bachelorstudium der Geowissenschaften an der Universität Granada habe ich an der Polytechnischen Universität Katalonien in Spanien meinen Master in Geotechnik erworben und 2010 in Untergrundhydrologie promoviert. Von 2010 bis 2014 habe ich mich als Postdoktorand am CNRS der französischen Universität Rennes 1 weiter in die Forschung eingearbeitet. Dort habe ich mein besonderes Interesse für die Porenprozesse auf Mikrometerebene im Untergrund entdeckt.
Welche Kurse finden Sie an der ETH am spannendsten?
Mich begeistert mein gesamtes Lehrprogramm. Ich bin für drei Kurse im Bereich Grundwasser zuständig. Grundwasserhydrologie lehre ich sowohl im Bachelor- als auch im Master-Studiengang. In meinem Bachelorkurs führe ich die Studierenden in die grundlegenden Prozesse der Grundwassersysteme ein und verbinde die Theorie mit Praxisbeispielen wie der Grundwassernutzung oder der Kontamination von Grundwasserleitern und deren Sanierung. Das Besondere am Masterprogramm ist, dass wir dort ein numerisches Grundwassermodell von A bis Z neu entwickeln. Dank dieses praxisnahen Ansatzes lernen Studierende der Ingenieurwissenschaften, Strategien für das Wasserressourcenmanagement zu beurteilen, Grundwassersanierungen durchzuführen und die Auswirkungen neuer Infrastrukturen auf Grundwassersysteme zu bewerten. Am spannendsten finde ich dabei den Grundwasserfeldkurs. Er ist für mich Quelle der Inspiration, besonders wenn es darum geht, Lernblockaden zu identifizieren und durch aktive Lernstrategien zu überwinden. Diese Erkenntnisse haben einen internationalen Dialog entfacht, über den sogar in einem externe Seite kürzlich erschienenen Artikel in einer führenden Fachzeitschrift berichtet wurde.
Was machen Sie, wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben?
In meiner Freizeit treibe ich gerne Sport und verbringe Zeit mit Freunden. Seit Kurzem jogge ich nicht mehr nur, sondern steige auch regelmässig aufs Fahrrad. Als Musikliebhaber greife ich gelegentlich auch zu meiner Klarinette.
Haben Sie eine Lebensphilosophie oder ein Lebensmotto?
«Warum nicht?» Solche Fragen haben immer schon meine Neugierde befeuert. Statt zu grübeln, was passieren könnte, sollte man es einfach versuchen. Das gilt für die Wissenschaft ebenso wie für das Leben allgemein.
Was raten Sie Studierenden, die gerade in die (Umwelt-)Ingenieurwissenschaften einsteigen?
Ich würde unseren Studierenden raten, sich ohne Scheu in das Leben unseres Departements zu stürzen und die grosse Bandbreite der Austausch- und Lernmöglichkeiten zu nutzen. So finden sie am besten heraus, was sie in den Ingenieurwissenschaften wirklich packt. Für mich ist das der Schlüssel zum beruflichen Erfolg – und persönlich erfüllend.
Welches Buch oder welchen Film oder Podcast würden Sie Ihren Studierenden und Ihrem Kollegium zu Ihrem Forschungsgebiet empfehlen?
Ich empfehle meinen Studierenden immer den Film «Erin Brockovich». Er beruht auf einer wahren Begebenheit rund um einen gravierenden Fall von Grundwasserverunreinigung im US-Bundesstaat Kalifornien und den daraus resultierenden Rechtsstreit. 1993 begann Erin Brockovich als hartnäckige Anwaltsgehilfin Gesundheitsschäden durch giftige chemische Substanzen zu recherchieren, die in das städtische Trinkwassersystem gelangt waren. Es ist eine fesselnde Geschichte über die Bedeutung des Umweltschutzes und – im Fall einer Kontamination – die Bedeutung der Umweltingenieurwissenschaften zur Bereinigung der Schäden.