Globale Gletscherschmelze: Hoher Massenverlust erwartet bis 2100
Weltweit schrumpfen die Gletscher mit alarmierender Geschwindigkeit und bedrohen damit den Anstieg des Meeresspiegels, die Verfügbarkeit von Wasser, die Biodiversität und die Stabilität der Ökosysteme. Eine neue Studie unter der Leitung von Forschenden der ETH Zürich und der Vrije Universiteit Brussel liefert die bisher umfassendsten Prognosen und projiziert die Zukunft aller 200.000 Gletscher auf der Erde unter den neusten Klimaszenarien.
«Bei der Modellierung der Gletscherentwicklung im 21. Jahrhundert unter verschiedenen Klimaszenarien zeigen sich grosse Unterschiede in den Resultaten, abhängig von den zukünftigen Emissionswerten», erklärt Harry Zekollari, ehemaliger Postdoktorand am Labor für Hydraulik, Hydrologie und Glaziologie (VAW) der ETH Zürich und heute Professor an der Vrije Universiteit Brussel. «Im optimistischsten Szenario mit niedrigen Emissionen könnte der Gletscherschwund bis 2100 etwa 25 bis 29 Prozent betragen. In einem Szenario mit hohen Emissionen steigt diese Zahl jedoch deutlich an, sodass 46 bis 54 Prozent der globalen Gletschermasse verschwinden könnten.»
Die Studie zeigt, dass der Rückgang der Gletscher regional stark variiert. Die Gletscher in den europäischen Alpen gehören zu den am stärksten gefährdeten; bei hohen Emissionen ist ein Volumenverlust von mehr als 75 Prozent – bis hin zu einem möglichen vollständigen Verschwinden – zu erwarten. In den Polarregionen wie der kanadischen Arktis, Island und Spitzbergen bleibt bis zum Ende des Jahrhunderts voraussichtlich ein größerer Teil der Gletschermasse erhalten, obwohl auch dort erhebliche Verluste zu erwarten sind.
«Die Studie stellt eine Verbesserung gegenüber früheren Bewertungen dar und prognostiziert etwas höhere Verluste als die jüngsten IPCC-Berichte», sagt Daniel Farinotti, Leiter der ETH-Professur für Glaziologie und Co-Autor der Studie. «Die Prognosen basieren auf den neuesten Modellen, die mit detaillierten gletscherspezifischen Beobachtungen kalibriert wurden, statt auf regional aggregierten Daten. Dieser Ansatz liefert ein klareres Bild der Veränderungen einzelner Gletscher, was für das Management von lokalen Wasserressourcen, Naturgefahren und Gletscherkraftwerken von Bedeutung ist.»
Zukünftige Fortschritte in der Satellitenüberwachung und Gletschermodellierung dürften die Genauigkeit der Prognosen weiter steigern. Diese Technologien liefern wertvolle Daten, um das wissenschaftliche Verständnis der Reaktion von Gletschern auf den Klimawandel zu vertiefen und die Planung in betroffenen Regionen weltweit zu optimieren.
Referenz
Zekollari, H., Huss, M., Schuster, L., Maussion, F., Rounce, D. R., Aguayo, R., Champollion, N., Compagno, L., Hugonnet, R., Marzeion, B., Mojtabavi, S. und Farinotti, D.
externe Seite Twenty-first century global glacier evolution under CMIP6 scenarios and the role of glacier-specific observations
The Cryosphere (2024), doi: 10.5194/tc-18-5045-2024