Forschung für unsere Gletscher

Prof. Daniel Farinotti forscht zur Entwicklung von Gletschern und deren Folgen für die Wasserressourcen. Anlässlich seiner Beförderung zum ausserordentlichen Professor für Glaziologie am Departement Bau, Umwelt und Geomatik, haben wir ihn zu seinen aktuellen Schwerpunkten in Forschung und Lehre befragt.

von Iris Mickein
Daniel Farinotti

Professor Farinotti, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Beförderung an der ETH Zürich! Wo liegen Ihre aktuellen Forschungsinteressen?
Danke schön! In meiner Forschungsgruppe haben wir vier thematische Schwerpunkte: Der erste ist die grossskalige Folgenforschung von Gletscherveränderungen. Hier gehen wir etwa der Frage nach, was der derzeitige Gletscherrückzug für die Wasserressourcen in verschiedenen Regionen der Erde bedeutet. Der zweite Schwerpunkt ist die glaziologische Grundlagenforschung. Hier untersuchen wir zum Beispiel, wie sich Wasser in und unter Gletschern verteilt und wie dies die Gletscherdynamik beeinflusst. Der dritte Bereich ist das Gletschermonitoring. Wir leiten «GLAMOS», das Schweizer Gletschermessnetz, das wir zusammen mit den Universitäten Zürich und Fribourg betreiben. Der vierte Bereich ist die Auftragsforschung. Hier stellen wir unser Wissen privatwirtschaftlichen Akteuren oder der öffentlichen Hand zur Verfügung.

Welchen «Impact» hat Ihre Forschung auf die Gesellschaft?
Das Thema «Gletscherschwund und seine Folgen» ist derzeit sehr präsent. Vor allem in der Schweiz, wo die Gletscher zum Landschaftsbild gehören und die meisten Menschen einen direkten Bezug zu den Gletschern haben: Viele erinnern sich, wie gross dieser oder jener Gletscher war, als sie ihn vor Jahren zum ersten Mal sahen. Der Gletscherschwund ist zu einer Art Symbol für den fortschreitenden Klimawandel geworden, und unsere Forschung ist entsprechend gefragt.

Vergrösserte Ansicht: Daniel Farinotti und Doktorandin Jane foto
Daniel Farinotti und Doktorandin Jane Walden installieren ein Massenbilanzpegel am Grossen Aletschgletscher vor.

Wo waren Sie tätig, bevor Sie an die ETH Zürich kamen?
Das ist eine etwas lustige Frage für mich, denn gefühlt war ich schon immer an der ETH. Ich habe an der ETH studiert, promoviert und einige Zeit als Postdoc hier verbracht. Danach war ich zwar am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam, mit dem Britisch Antarctic Survey in der Antarktis, und an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL (mit der die jetzige Professur geteilt ist), aber gefühlt, war ich fast immer hier.

Welche Kurse unterrichten Sie an der ETH?
Als Professur bieten wir an: Kryosphäre (eine Einführungsvorlesung auf B.Sc. Niveau), Physics of Glaciers (in der die physikalischen Grundlagen der Gletscherdynamik vermittelt werden), Applied Glaciology (eine M.Sc. Vorlesung in der es um angewandte glaziologische Probleme behandelt werden), das Seminar in Glaziologie (in dem ausgewählte Artikel aus der glaziologischen Literatur gelesen und diskutiert werden), und den Glaziologischen Feldkurs (in dem kleine Gruppen von Studierenden eigene Messungen im Gelände durchführen und interpretieren). Seit einigen Jahren bieten wir auch die Vorlesung «Solving Partial Differential Equations with GPUs» an, in der Methoden zur Durchführung von Simulationen auf Hochleistungsrechnern vermittelt werden.

«Man sollte das Studium nicht als Selbstzweck sehen, sondern eher als DIE Möglichkeit, das zu lernen, was einem später eine erfüllende Tätigkeit ermöglicht.»
Daniel Farinotti

Was machen Sie, wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben?
Rad fahren!

Welches Buch, welchen Podcast oder welchen Film im Zusammenhang mit Ihrem Forschungsfeld würden Sie Studierenden sowie Kolleginnen und Kollegen empfehlen?
Von Fachbüchern mal abgesehen finde ich die Bücher, in denen die Entdeckungsreisen der ersten Polarforscher beschrieben werden, absolut faszinierend. Die Geschichte rund um Ernest Shackleton’s «Endurance»-Expedition, ist zum Bespiel eine, die alle mindestens einmal gehört haben sollten. Bei den Dokumentarfilmen finde ich «Zwischen Himmel und Eis» (Original: «La Glace et le ciel») von Luc Jacquet sehr spannend. Darin wird die Entstehung der Eisbohrkern-Forschung porträtiert. Und wenn man nicht nur Eis sehen mag, dann dürfte die BBC-Dokumentarreihe «Frozen Planet» für jeden Geschmack etwas zu bieten haben: die Bilder darin sind teilweise einfach unfassbar!

Welchen Rat würden Sie Studierenden geben, die gerade erst in die Ingenieurwissenschaften einsteigen?
Ich weiss, dass es leichter gesagt als getan ist, aber man sollte sich fragen, was man später einmal machen möchte und dann die Fächer belegen, die man dafür braucht. Mit anderen Worten: Man sollte das Studium nicht als Selbstzweck sehen, sondern eher als DIE Möglichkeit, das zu lernen, was einem später eine erfüllende Tätigkeit ermöglicht.

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