Holz, Lehm und ein digitales Ökosystem für eine zukunftsfähige Bauwirtschaft

Am Departement Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich sind zwei Flagship-Projekte von Innosuisse gestartet, um das Schweizer Bauwesen nachhaltig zu transformieren: Während «Swircular» das Fundament für eine zirkuläre Bauwirtschaft legt, ermöglicht «Think Earth» regeneratives Bauen mit Holz und Lehm.

Hybride Bauelemente aus den wiederverwendbaren Materialien Holz und Lehm
Hybride Bauelemente aus den wiederverwendbaren Materialien Holz und Lehm sollen als Deckenplatten sowie Innen- und Aussenwände zum Einsatz kommen und Beton und Stahl vermeiden. (Bild: Pallavi Keshri and Linus Schmitz / ETH Zürich)

In Kürze

  • Die gängigen Materialien und Praktiken in der Schweizer Bauwirtschaft sind klimaschädlich, ressourcenintensiv und erzeugen viel Abfall.
  • Zwei Kollaborationen aus Forschung und Industrie unter Leitung der ETH Zürich arbeiten daran, die hiesige Baubranchen kreislauffähig und klimaneutral zu gestalten.
  • Mit diesen Flagship-Projekten fördert Innosuisse systemische Innovationen für den Umbau der Wirtschaft hin zu Netto-Null Treibhasugasen. 

Die Schweizer Bausektor verursacht gegenwärtig rund 70 Prozent des inländischen Materialverbrauchs und 80 Prozent des landesweiten Abfalls – vor allem durch Abriss und Neubau von Gebäuden – und verantwortet etwa 24 Prozent der hiesigen Treibhausgasemissionen. Es fehlt an klimatauglichen und ressourcenschonenden Materialien und Verfahren.

Hier setzen zwei von Innosuisse geförderte Flagship-Projekte unter Leitung der ETH Zürich an. «Think Earth» will regeneratives Bauen mit Holz und Lehm in der Praxis etablieren. Und «Swircular» verfolgt das Ziel, ein digitales Ökosystem für zirkuläres Bauen in der Schweiz zu schaffen. In beiden Projekten arbeiten ETH-Bauingenieur:Innen und Architekt:Innen jeweils federführend mit weiteren akademischen Institutionen sowie mit Akteuren aus der Bauwirtschaft zusammen. Beide Kooperationen haben 2024 begonnen und laufen über fünf Jahre.

Die beiden Projekte im Überblick:

Think Earth – Regeneratives Bauen

Das Projekt Think Earth hat zum Ziel, innovative Bauweisen zu entwickeln, die nicht nur nachhaltig, sondern regenerativ sind. «Es geht darum, Materialien und Methoden zu nutzen, die die Umwelt schonen und gleichzeitig zu ihrer Wiederherstellung beitragen», erklärt Andrea Frangi, Professor für Holzbau am Departement Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich und Leiter des Projekts.

Im Mittelpunkt stehen zwei der ältesten Baumaterialien der Menschheit: Holz und Lehm. Gemäss Think Earth Projektmanager Patrick Fleming speichern diese zeitlosen Materialien nicht nur Kohlenstoff und können leicht wiederverwendet werden, sondern ergänzen sich auch und haben hervorragende Eigenschaften bezüglich Wärmedämmung, Raumklima, Akustik und Brandschutz. Ein Fokus des Projekts liegt auf flexibel verbaubaren Hybrid-Elementen aus Holz und Lehm, die das Beste aus beiden Materialien kombinieren.

Think Earth bringt Forschende der ETH Zürich, der EMPA, der Hochschule Luzern sowie der Berner und Ostschweizer Fachschulen mit 51 Umsetzungspartnern aus dem gesamten Bausektor zusammen. Das Unterfangen gliedert sich in zehn Teilprojekte, die von materialwissenschaftlichen Grundlagen und Produktionsverfahren über Prototypen und Fallstudien bis hin zu neuen Normen für die Praxis reichen.

Eine erste von insgesamt fünf Fallstudien ist bereits realisiert: Der externe Seite Manal-Pavillon aus erdbasierten Materialien, Holz und Recyclingbeton, initiiert durch das ETH-Spin-off Oxara, wurde kürzlich auf dem Campus der Hochschule Luzern in Horw eröffnet. Das Bauwerk vereint das Potenzial von regenerativem Bauen mit den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft.

Swircular – ein Ökosystem für zirkuläres Bauen

Für Catherine De Wolf bildet die Wiederverwendung von Materialien die Basis für nachhaltiges Bauen. «Doch trotz wachsenden Umweltbewusstseins in der Branche stehen dem Wandel hin zu einer Kreislaufwirtschaft einige Hürden im Weg», sagt die ETH-Professorin für zirkuläres Bauen am Departement Bau, Umwelt und Geomatik. Dazu gehören fragmentierte und unvollständige Informationen über den Gebäudebestand und die verbauten Materialien sowie fehlende Prozesse, um Bauressourcen im Kreislauf zu halten.

Den Schlüssel, um diese Hürden zu überwinden, sieht de Wolf in der Digitalisierung. Das Projekt Swircular wird unter ihrer Leitung ein digitales Ökosystem für zirkuläres Bauen in der Schweiz erschaffen. Projektmanagerin Arabelle de Saussure führt aus: «Unsere Vision ist ein Netzwerk aus Interessengruppen, digitalen Werkzeugen und verlässlichen Daten, das es ermöglicht, Materialien entlang ihres Lebenszyklus nachzuverfolgen und entsprechende Informationen auszutauschen.»

Holzbauteil mit QR-Code
Werden Bauteile mit gelaserten QR-Codes inventarisiert, sind sie für die digitale Planung verfügbar und können später leicht wiederverwendet werden. (Bild: Daniel Winkler Fotografie)

Mittels digitalen Gebäudebestandsaufnahme und Produktpässen für Baumaterialien sowie Modellen fürs Baumanagement will das Projekt eine einheitliche Grundlage für zirkuläre Prozesse bilden. Weitere Schwerpunkte sind geeignete rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie Demonstratoren für die Praxis.

Zu diesem Zweck vereint Swircular Expert:innen der ETH Zürich, der Empa, der Berner Fachhochschule und der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften mit Fachleuten von 24 Umsetzungspartnern aus der gesamten Wertschöpfungskette der Schweizer Bauindustrie.

Impulse für nachhaltigen Wandel

Mit ihrer Flagship-Initiative will die Schweizerische Förderagentur Innosuisse systemische Innovationen fördern, die grosse wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen bewältigen helfen. Das Thema der zweiten Ausschreibung (2023) waren «Disruptive Lösungen für die Transition zu einer Netto-Null-Welt».

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