Wie Satellitenbilder zum Schutz der Wälder beitragen
Aus dem All auf die Erde: Das ETH-Spin-off askEarth erleichtert den Zugang zu Satellitenbildern für die Umwelt- und Klimaüberwachung. Es unterstützt Unternehmen im Kampf gegen die Abholzung von Wäldern.
Täglich kreisen Hunderte von Satelliten um die Erde und nehmen Tausende von Bildern unseres Planeten auf. Diese riesigen Datenmengen dienen als Basis für unterschiedliche Zwecke wie Wetterprognosen, Verschmutzung der Ozeane oder die Ausdehnung von Siedlungsgebieten. Doch dazu müssen die Daten analysiert und interpretiert werden. Hier setzt das ETH-Spin-off askEarth an: Das Unternehmen vereinfacht den Zugang zu Satellitenbildern und macht sie leicht lesbar. Der Fokus liegt dabei auf der Umwelt- und Klimaüberwachung.
Der Zeitpunkt für diese Technologie trifft sich gut: Ende Jahr tritt nämlich die Abholzungsverordnung der EU in Kraft tritt. Die Verordnung schreibt vor, dass jedes Unternehmen, das Rohstoffe nach Europa importiert, über das Entwaldungsrisiko seiner Produkte berichten muss. Gaetan Petit, Mitbegründer von askEarth, erklärt: «Die Unternehmen müssen nachweisen, dass ihre Ernten nicht zur Abholzung von Wäldern führen, und zwar rückwirkend bis 2020.»
EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR)
Um die globale Entwaldung einzudämmen, hat die Europäische Union eine Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten verabschiedet, die ab 30. Dezember 2024 in Kraft tritt (externe Seite EU-Verordnung 2023/1115). Sie legt fest, dass relevante Rohstoffe, nämlich Erzeugnisse von Holz, Soja, Kakao, Kaffee, Kautschuk, Ölpalmen und Rindern, nur in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen.
Satellitenbilder verständlich machen
«Jede und jeder kann auf einen Hügel steigen und ein Foto von einem Wald machen, vielleicht sogar mit einer Drohne. Aber je nach Bildwinkel oder Ausschnitt entsteht dabei ein ganz anderer Eindruck», sagt Petit. Um den Vergleich zu objektivieren, schreibt die Verordnung die Verwendung von Satellitenbildern vor: Die Satelliten fliegen immer in der gleichen Höhe und im gleichen Winkel um die Erde. So entstehen alle zwei Tage über einen langen Zeitraum hinweg vergleichbare Bilder. «Für die Datenanalyse ist das eine perfekte Ausgangslage», ergänzt Petit. Die Europäische Kommission hat gemeinsam mit der Europäischen Weltraumorganisation Satelliten gebaut, deren Daten im Rahmen des Copernicus-Programms für alle frei zugänglich sind.
Die Herausforderung besteht darin, die Satellitenbilder zu lesen. «Es ist nicht einfach, die Bilder zu analysieren. Dafür braucht es die Datenwissenschaft, um die benötigten Informationen herauszufiltern», sagt Petit. Die meisten Unternehmen verfügen nicht über eigene Datenwissenschaftler:innen. Hier setzt askEarth an. Ihre Software analysiert forstwirtschaftliche Daten und beurteilt, ob ein Abholzungsrisiko besteht. Und das in kürzester Zeit: «Manchmal müssen Unternehmen sofort wissen, ob sie eine Holzlieferung zur Weiterverarbeitung annehmen können oder nicht», sagt Petit. askEarth integriert seine Software deshalb in das ERP-System (Enterprise-Resource-Planning-System), das Geschäftsprozesse verwaltet und automatisiert sowie unter anderem die komplette Lieferkette eines Unternehmens abbildet. Die Lösung von askEarth generiert zudem automatisch einen Bericht, den die Europäische Kommission prüfen kann.
Mit dem Explorer von askEarth die Welt erkunden
askEarth bietet auch ein öffentlich zugängliches Werkzeug an: den Explorer. Nutzerinnen und Nutzer wählen eine Region, verschiedene Zeitpunkte und eine Darstellungsart, ob sie bestimmte Kategorien wie Vegetation, Waldbrände oder Wälder in «echten Farben» sehen wollen. Der Explorer zeigt dann die ausgewählten Satellitenbilder in einer Zeitleiste als Video an und Veränderungen in der Vegetation sind leicht zu erkennen.
askEarth führen von Zeit zu Zeit Workshops für Schulklassen durch, damit Geografielehrer:innen den Explorer im Unterricht einsetzen können. «Irgendwann möchten wir natürlich auch Privatpersonen unser komplettes Angebot zur Verfügung stellen. Im Moment konzentrieren wir uns aber auf die EUDR und arbeiten daran, weitere Unternehmen als Kunden zu gewinnen», sagt Petit.
Eine Passion für den Weltraum
Das erste Unternehmen hatten zwei der Gründer von askEarth, Gaetan Petit und Manuel Gerold, schon vor vier Jahren gegründet. Es hiess Space4Impact und organisierte unter anderem Veranstaltungen, um Raumfahrttechnologien zu fördern. «Als wir merkten, wie gross die Nachfrage nach Satellitenbildern bei Unternehmen ist, weil sie sich für die Berichterstattung für betriebliche Standards betreffend Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) eignen, wollten wir eine Lösung anbieten», erinnert sich Petit.
Das 2023 gegründete Unternehmen askEarth hat die Nachfrage nach Satellitenbildern im Rahmen der neuen EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten erkannt und wirbt nun weitere Kunden und Mitarbeitende an. «Wir bewegen uns im Gleichschritt mit der Politik: Die Verordnung über die Entwaldung ist eingeführt. Sobald eine andere ESG-Verordnung kommt, werden wir uns in diese Richtung entwickeln», sagt Petit. So wird askEarth eines Tages ein komplettes Portfolio an Produkten für die Klimaüberwachung und -berichterstattung anbieten.
Copernicus-Programm
Am 1. Mai 2024 hat die Regierung beschlossen, dass die Schweiz von 2021 bis 2027 nicht am europäischen Copernicus-Programm zur Überwachung des Klimawandels teilnehmen wird. Während die Satellitenbilder Open Source, also für alle zugänglich sind, gibt es einige übergeordnete Produkte, die nur für die Länder zugänglich sind, die auch für das Programm bezahlen.
askEarth
Frei verfügbare, vertrauenswürdige und aktuelle Satellitenbilder sind ein Instrument, um verständliche Informationen bereitzustellen und den Zugang zu Erdbeobachtungsdaten zu demokratisieren. Genau das ist die Mission von externe Seite askEarth. Der externe Seite Explorer ist für alle zugänglich (Sprache: Englisch).
Das Spin-off hat seine Wurzeln unter anderem bei Benedikt Soja, ETH-Professor für Weltraumgeodäsie am Departement Bau, Umwelt und Geomatik.
Das ETH-Spin-off wird auch vom UZH Innovation Hub der Universität Zürich sowie der EPFL unterstützt.