Streu und Totholz speichern rund ein Fünftel des Niederschlags

Durch den Klimawandel werden extreme klimatische Bedingungen immer wahrscheinlicher. Welchen Einfluss Wasserknappheit auf Wälder hat, untersuchen D-BAUG Forschende um Dr. Marius Floriancic und Prof. Peter Molnar im Waldlabor Zürich. In einer kürzlich veröffentlichten Studie konnten sie zeigen, dass Streu und Totholz einen bedeutenden Anteil des Jahresniederschlags speichern und die Bäume mit weitaus weniger Wasser auskommen als bisher angenommen.

Regentropfen auf einem Blatt
Welche Wege nimmt ein Regentropfen bevor er nach Stunden, Tagen oder Jahren wieder verdunstet? Die Forschenden zeigen, dass Modelle des Kreislaufs angepasst werden müssen (Bild: IfU/D-BAUG, ETH Zürich)

Während eines Niederschlagsereignisses im Wald passieren zahlreiche komplexe Speicherprozesse, die bisher nur wenig erforscht sind. Ein Teil des Niederschlags wird in den Baumkronen aufgehalten und verdunstet wieder zurück in die Atmosphäre. Ein weiterer Teil wird entlang des Stammes abgeleitet. In der Streu, im liegenden Totholz sowie im Waldboden selbst wird ein weiterer Teil des Wassers zwischengespeichert.

«Nur ein kleiner Teil des Niederschlags erreicht dann tatsächlich den tieferen Untergrund und trägt zur Neubildung von Grundwasser bei», erklärt Dr. Marius Floriancic, Erstautor und Projektleiter des ökohydrologischen Projekts. «Alle diese Speicher- und Transportprozesse versuchen wir im Waldlabor zu messen, damit der Einfluss dieser Prozesse auf den Wasserkreislauf quantifizierbar wird».   

Eine lückenlose Aufzeichnung dieser verschiedenen Komponenten des Wasserkreislaufs wird mit modernen und innovativen Sensoren sichergestellt. Anhand von Messreihen haben Floriancic und Kollegen herausgefunden, dass der Wasserrückhalt in Streu und Totholz eine viel bedeutendere Rolle spielt als bisher gedacht. Ihre kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass etwa 18% des Jahresniederschlags in dieser Streuschicht zurückgehalten und wieder zurück in die Atmosphäre verdunstet werden. Das bedeutet, dass dieses Wasser nicht zum Bodenwasserhaushalt beiträgt und dementsprechend auch nicht für die Pflanzen oder Grundwasserneubildung verfügbar ist.

«Die Bäume sind viel sparsamer als gedacht», so der Umweltingenieur Floriancic. «Sie leben zum grossen Teil vom Winterniederschlag. Das ist mit ein Grund, warum der Baum, im Gegensatz etwa zu Gräsern oder Sträuchern, längere Trockenzeiten im Sommer besser übersteht – solange es im Winter genügend Nachschub gibt». Die Verdunstung des zurückgehaltenen Wassers aus der Streuschicht hat ausserdem einen grossen Einfluss auf das Mikroklima im Wald.

Die Streuschicht spielt also eine weitaus wichtigere Rolle in der Wasserbilanz eines Waldes als bisher angenommen. Wird dieser wesentliche Rückhalteprozess im Wasserkreislauf ignoriert führt das zu einer bedeutenden Überschätzung der Transpiration der Waldbäume und zur Unterschätzung der Wassernutzungseffizienz von Bäumen. Diese neue Perspektive auf den Wasserkreislauf im Wald ist wesentlich für Modellierungen von Speicher und Transportprozessen sowie zum Verständnis über die Auswirkungen von Trockenheit auf den Wald.

Originalpublikation

Marius G. Floriancic, Scott T. Allen, Raphael Meier, Lucas Truniger, James W. Kirchner, Peter Molnar
externe Seite Potential for significant precipitation cycling by forest-floor litter and deadwood
Ecohydrology (October 2022), doi: 10.1002/eco.2493

Versuchsgebiet Waldlabor

Das Projekt «Hydrologie Monitoring (P06)» misst Quantität und Qualität sämtlicher Wasserflüsse, vom Niederschlag, über Interzeption und Stammabfluss, Pflanzenwurzeln, Bodenwasser und Grundwasser bis zum Abfluss im Holderbach. Das Verständnis dieser Prozesse ist wesentlich, um die Auswirkung von klimatischen Veränderungen, im speziellen längeren Trockenperioden, auf Wälder vorherzusagen.

Dafür haben das Labor für Umweltwissenschaften und die Professur für Hydrologie und Wasserwirtschaft am D-BAUG in den letzten Jahren eine ökohydrologische Forschungsstation am Hönggerberg errichtet. Dort werden die wesentlichen Prozesse des Wasserkreislaufs untersucht, innovative Sensortechnologien getestet und ausserdem Studierende im Rahmen von Unterricht im Feld in die wissenschaftliche Datenerhebung eingebunden. Das Waldlabor soll zukünftig auch Anziehungspunkt für neue Forschung und Kollaborationen mit anderen Universitäten und Forschungsanstalten sein.

Video: Dr. Marius Floriancic über das Wasserkreislauf-Projekt

Hydrologie Monitoring (P06)

externe Seite Waldlabor Zürich

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert